II. Rom und die Provinz

"Varus, gib mir meine Legionen wieder!" - wem ist dieser Satz nicht aus der Schulzeit im Gedächtnis hängen geblieben; die meisten denken allerdings nur noch mit Schrecken an die Qualen und die Langeweile der Latein- und Geschichtsstunden zurück. Tatsächlich liegt das Problem mit der Antike an der Rezeption derselben. Jahrzehntelang ist die Geschichte den Schülern systematisch vergrault worden, wurden stur und sinnlos Jahreszahlen gepaukt. Die antike Geschichte krankt noch heute an dem, was ihr die
Altphilologen vergangener Generationen angetan haben. 333, bei Issus Keilerei - na und? Wie kann man Homer lesen, wenn wilhelminische Gräzisten sinnlos Füllwörter in ihre Übersetzungen einfügten, um das Versmaß des griechischen Originals beibehalten zu können? Neuere Übersetzungen, die den Text als solchen ohne Rücksicht auf den Reim übersetzen, ergo Prosatexte, lesen sich dagegen richtiggehend erfrischend.

Tatsächlich ist die Archäologie eine höchst lebendige Angelegenheit geworden, und es gibt mittlerweile einige Leute, die das ganze auch für den völligen Laien richtig spannend aufbereiten; der vollkommen neue Zweig der experimentellen Archäologie hat sich aufgetan. Römische Geschichte wird heute nicht mehr vom Katheder herunter doziert, sondern man wirft sich selbst die Toga über und versucht, Leben vor 2.000 Jahren nachzuerleben. BTW, eine richtig angelegte Toga kann ein saumäßig bequemes Kleidungsstück sein, ich besitze selbst eine...

Rom ist überall, zumindest in diesem Teil von Europa und nicht nur in Italien. Rom hat "seine" Kultur bis hinauf nach Schottland getragen und dabei wesentliche Elemente anderer Kulturen aufgenommen und sich damit vermengt. Wenn man die klassische römische Geschichte hinreichend studiert hat, die Intrigen des Julisch-Claudischen Kaiserhauses fast auswendig kennt, wenn man Ciceros Gerichtsreden (Beim Herkules!) zur Genüge studiert hat, dann fragt man sich, warum z.B. der Gesellschaftstratsch eigentlich zweitausend Jahre lang überliefert worden ist und wichtige Details aus dem Alltagsleben nicht. Dann besinnt man sich auf die sogenannte Provinzialarchäologie, römische Geschichte direkt vor der Haustüre sozusagen. Und davon gibt es unheimlich viel, zum Beispiel das Museum für antike Schiffahrt in Mainz, die Saalburg im Taunus, den teilweise wiederaufgebauten römischen Gutshof in Hechingen-Stein, die archäologischen Experimente von Marcus Junkelmann etc., alles Sachen, bei denen man römische Geschichte live erfahren kann, Geschichte zum Anfassen halt...


(Rekonstruktion eines römischen Patrouillenbootes im Museum für Antike Schiffahrt in Mainz)

Wer es "synthetischer" mag, dem sei der Archäologische Park in Xanten empfohlen. Hier ist auf historischem Boden der Colonia Ulpia Traiana ein Freilichtmuseum neu gebaut worden. Wer wissen will, was dort einst stand, sollte sich die virtuelle Rekonstruktion der Uni-Dortmund ansehen. Und Holland-Urlaubern sei ein Abstecher nach Alphen a/d Rijn ans Herz gelegt, wo der meines Wissens nach einzige archäologische Themenpark, der Theme Park Archeon steht.

Für Leute, die an der klassischen Antike im weiteren Sinn interessiert sind, lohnt sich ein Blick auf die Classics and Mediterranean Archeology site, wo man stundenlang stöbern kann. Konkret römisch wird es auf der ROMARCH site, eine Fundgrube für römische Geschichte und Archäologie, mit vielen links und Fundstellen zu römischen sites in Deutschland. Archäologie im Internet gibt einen Zugang zu zwei archäologischen Suchmaschinen (ARGOS und Digger).


(Teilrestaurierter römischer Gutshof in Hechingen-Stein,
Schwäbische Alb, nahe Burg Hohenzollern)

Eine gelungene Einführung für Interessierte über die römische Geschichte in diesem Teil Europas gibt das Buch "Römisches Deutschland" von Charles-Marie Ternes (Reclam Verlag, Stuttgart 1986).

Für einen spannenden Zugang zur römischen Geschichte sorgen mittlerweile zahlreiche "römische" Krimis, zum Beispiel die SPQR-Reihe von John Maddox Roberts (Goldmann Taschenbücher), die Falco Novellen von Lindsey Davis oder Steven Saylor´s Romane über Gordianus den Sucher. Letztere ranken sich teilweise um berühmte Gerichtsreden Ciceros und sind nicht zuletzt deshalb besonders reizvoll, weil Gordianus, der Protagonist, von Roman zu Roman deutlich altert und sich sein Verhältnis zu Cicero im Laufe der Zeit wesentlich verändert, weil dieser vom vermeintlich engagierten homo novus zum gemeinen Arschloch mutiert.

Und Varus? Neuere Erkenntnisse über die Varusschlacht, insbesondere wo sie denn nun wirklich stattgefunden hat, gibt es bei der Uni Osnabrück.

Zur Einstimmung auf das nächste Kapitel, das vom Fressen, hier noch zwei links, die sowohl römisch als auch kulinarisch sind:

Zum einen ist da die Roman Orgy Page mit einer kleinen Auswahl von nachvollziehbaren römischen Rezepten. Und dann ist da noch eine gelungene Einführung in die römische Küche im Archiv der Hobbythek zu finden.

Und jetzt zum Essen...
 

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